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Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zum Machtkampf bei der Grammer AG:

Regensburg (ots)

Noch so ein Sieg, und wir sind verloren - was König Pyrrhos nach seinem verlustreichen Sieg über die Römer in einer Schlacht so weitblickend erkannte, das könnte in gewisser Weise auch auf Grammer zutreffen. Vorstand, Aufsichtsrat, Mitarbeiter, Gewerkschaft - das ganze Umfeld hat zusammengestanden, um die Attacke des ungeliebten Anteilseigners abzuwehren. Die bosnisch-deutsche Familie Hastor wollte mittels ihrer Investmentgesellschaften Cascade und Halog die Kontrolle über Grammer gewinnen. Sie ist bei der denkwürdigen Hauptversammlung gescheitert. Die Grammer-Führung hat diese Schlacht - der kriegerische Ausdruck ist hier leider gerechtfertigt - gewonnen. Aber die entstandenen Verluste sind hoch, und der Blick in die Zukunft gerät alles andere als unbeschwert. Grammer-Chef Hartmut Müller freute sich unmittelbar nach Ende der Aktionärsversammlung über die "tolle Gemeinschaftsleistung" im Abwehrkampf. Die Auseinandersetzung habe das Unternehmen zusammengeschweißt. Nun stünden Aufsichtsrat und Vorstand gerne bereit für weitere Gespräche mit den Hastors. Er, Müller, hoffe, dass das jetzt in einer etwas entspannteren Atmosphäre geschehen werde. Diese Hoffnung dürfte wohl allenfalls darauf gründen, dass die Atmosphäre kaum noch schlechter werden kann als sie gegenwärtig ist. Daran haben durchaus beide Seiten ihren Anteil. Die Grammer-Führung wirkte nicht in jedem Punkt souverän. So argumentierte sie schwammig, als es um die Beteiligung des chinesischen Investors Ningbo Jifeng an Grammer ging. Sie konnten den Eindruck nicht wirklich zerstreuen, dass, wie die Hastors vermuten, ein "Weißer Ritter" aus dem Hut gezaubert wurde, allein um ihren Aktienanteil zu drücken. Grammer will mit dem Investor Hastor und seinen Gesellschaften Prevent/Cascade/Halog so wenig wie möglich zu tun haben. Warum, das bekamen die Teilnehmer der Hauptversammlung überdeutlich zu spüren. Der Cascade-Vertreter, Anwalt Franz Enderle, trat weniger auf wie der Interessenvertreter eines Investors, der das Wohl und den Wert des Unternehmens Grammer mehren will. In keiner Weise. Stattdessen ließ er die Ziele seines Klienten offen, argumentierte mit sehr eigenen Wahrheiten und war sichtlich darauf aus, die Unternehmensführung in juristisch angreifbare Fehler zu treiben. Die Hauptversammlung geriet in Phasen zu einem Theaterstück mit - manchmal nur vordergründig - klar verteilten Rollen. Enderle spielte den hinterhältigen Unsympathen, und er machte zu keiner Zeit den Eindruck, dass er das ungern tut. Das Tohuwabohu hat jedenfalls längst Schaden angerichtet. Der Abwehrkampf kostet Energie und lähmt das Unternehmen ein Stück weit. Aufträge sind verloren gegangen, die Kunden - Autohersteller wie BMW und Volkswagen - verunsichert. Für sie stellt sich die Frage, ob sie sich weiterhin langfristig mit Aufträgen an die Amberger binden sollen. Denn es bleibt offen, wie viel Einfluss die Hastors noch gewinnen können. Sie haben mit ihrer Autozulieferergruppe Prevent mehrfach im Streitfall die Lieferungen eingestellt und so die Bänder bei Autobauern stillstehen lassen. Manche in der Branche haben deshalb den Hastors zumindest heimlich applaudiert: endlich ein Mutiger, der sich dem Diktat und der Preisdrückerei der Autohersteller widersetzt. Einer, der die Zulieferer auf Augenhöhe hievt. Aber wer sich die Vorgänge bei Grammer ansieht, dem muss klar sein: Zu solchen Helden taugen die Hastors und ihre Akteure nicht. Ihre Motive bleiben dunkel. Für Grammer ist das schlecht. Denn es gibt kein Mittel, um sie loszuwerden. Höchstens eine derart stabile Aktionärsstruktur, dass jegliche Attacke von vornherein ausgeschlossen ist. Aber davon ist Grammer weit entfernt.

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