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BERLINER MORGENPOST: Berlin erfüllt seine Aufgaben nicht - Leitartikel

Berlin (ots)

Wie gut das tut: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) findet endlich einmal klare Worte zum rot-roten Senat in Berlin und zu dessen Umgang mit der Charité. "Schlimm" sei der, die Investitionsquote bei der Charité so gering, dass die Leistung vieler Professoren nicht ausreichend zur Geltung komme, man müsse sich Sorgen machen um die Charité. Wie recht Angela Merkel hat. Seit Jahren ist das Problem bekannt: In das Universitätsklinikum, übrigens das größte in Deutschland, muss dringend mehr investiert, das Bettenhochhaus grundlegend saniert werden. Der Senat hat lange Zeit versucht, die Probleme einfach zu ignorieren, ist das Land Berlin doch selbst hoch verschuldet. 1,3 Milliarden Euro, so hoch gibt die Charité selbst den Investitionsbedarf für die nächsten Jahre an. Doch es wurde in der Vergangenheit stets nur an Konzepten herumgebastelt. Der Charité-Chef Detlev Ganten durfte von einem tollen neuen Bettenhochhaus in Mitte träumen, sein Nachfolger Karl Max Einhäupl bekam zunächst, nach seinem Amtsantritt im Jahr 2008, zwar ein bisschen Unterstützung, geriet dann aber ins politische Schussfeld zwischen Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos). Nußbaum hält Einhäupl für unfähig, die Probleme an der Charité zu lösen, ein Konflikt, der wohl erst nach der Abgeordnetenhauswahl gelöst wird - und die Charité weiter schwächt. Öffentlich ausgetragene Kritik an einem der wichtigsten Manager in dieser Stadt, wie Nußbaum es vor einigen Wochen getan hat, schadet nur - dem Manager, also in diesem Fall Einhäupl, dem Unternehmen, also der Charité, und damit auch ganz Berlin. Unverantwortlich ist es, wie der Finanzsenator mit dem Universitätsklinikum umgeht. Wenn jetzt einige, wahrscheinlich allen voran der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und sein Finanzsenator, behaupten, Merkels Kritik sei nur dem Wahlkampf geschuldet, so irren sie sich. Sicherlich ist es ungewöhnlich, dass die Kanzlerin sich gut zwei Wochen vor der Wahl so klar positioniert. Aber in der Sache hat sie völlig recht, denn der Beschluss des Senats, in den nächsten drei bis vier Jahren nun 330 Millionen Euro in das Universitätsklinikum zu investieren, kann nur ein erster Schritt sein. Die Charité braucht mittel- und langfristig Verlässlichkeit, dazu zählt auch eine bessere Kooperation mit dem Berliner Klinikkonzern Vivantes. Vivantes ist schließlich auch ein Landesunternehmen, das vom Senat gesteuert wird. Ein Vorschlag, der nach der Wahl dringend diskutiert werden muss: Die Charité sollte aus dem Zwist der Senatoren - immerhin zwei von ihnen sitzen im Aufsichtsrat- herausgelöst werden. Ein fachlich gut aufgestellter Aufsichtsrat, eine senatsunabhängige Leitung - und schon könnte das Universitätsklinikum sich besser weiterentwickeln. Auch eine Holding oder die Umwandlung der Charité in eine Stiftung sind Vorschläge, die die nächste Landesregierung ernsthaft prüfen sollte. Die Charité einfach an den Bund zu übertragen und zu hoffen, dass dieser dann die notwendigen Millionen Euro bereitstellt, wird nicht funktionieren. Darf es auch nicht, denn das nennt man schlicht: Flucht vor der Verantwortung.

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