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WAZ: Amoklauf an einer Schule in Minnesota: Waffenkult und Urglaube - Leitartikel von Markus Günther
Essen (ots)
Die Zeiten sind längst vorbei, in denen man nach einer Schießerei in einer amerikanischen Schule empört mit dem Finger auf die Amerikaner zeigen konnte, gerade so, als seien vergleichbare Verbrechen in Deutschland unvorstellbar. Nein, die Tragödie von Erfurt hat gezeigt, dass das Undenkbare überall geschehen kann; den verrückten Einzeltäter, aber auch das totale Versagen familiärer und gesellschaftlicher Schutzmechanismen kann es immer geben. Auch im Fall des 15-jährigen Schülers, der jetzt in Minnesota neun Menschen erschossen und sich selbst getötet hat, kommen sicher verschiedene Ursachen zusammen. Wenn die ersten Angaben stimmen, sind zerrüttete Familienstrukturen im Spiel, aber auch die obsessive Leidenschaft für gewalt-lüsterne Videospiele. Und ganz losgelöst vom Schauplatz des Geschehens - einem Indianerreservat mit allen typischen Merkmalen sozialer Verwahrlosung und wirtschaftlicher Aussichtslosigkeit - kann man die Ursachen dieses Falles wohl auch nicht diskutieren. Dennoch bleibt wieder einmal der bedrückende Befund übrig, dass der amerikanische Waffenkult und der weitreichende Besitz von Waffen in den USA zu Gewalttaten führt, die es in dieser Häufigkeit in Europa eben doch nicht gibt. Weltweite Schlagzeilen macht der Fall in Minnesota ja nur, weil die Zahl der Opfer so groß ist; Schießereien mit weniger Opfern sind alltäglich. Zwischen 1999 und 2003 ist die Zahl der Todesopfer durch Schusswaffen um 14 Prozent gestiegen. Man müsste meinen, dass all dies fast automatisch zu strengeren Waffengesetzen führt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der amerikanische Urglaube an Selbstverteidigung führt vielerorts dazu, dass solche Fälle eher den Ruf nach einer Lockerung der Gesetze verstärken. In Illinois soll gerade das Mindestalter für Waffenbesitz von 21 auf 18 Jahre gesenkt werden.
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