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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum NSU-Prozess: Nächster Teil der Blamage, von Holger Schellkopf

Regensburg (ots)

Ein großer Tag für Radio Lotte aus Weimar, mal wieder ein ganz schlechter Tag für den Prozess gegen die Terrorgruppe NSU. Der bis 29. April eher unbekannte Sender hat einen festen Platz für die Berichterstattung aus dem Gerichtssaal - im Gegensatz zu Medien wie der FAZ, der Welt oder auch der taz. Machen wir uns deutlich, worum es bei dem Prozess eigentlich geht: Um Morde, Anschläge, Überfälle - ganz offensichtlich verübt aus rechtsradikalem Hass. Dieser Prozess steht wie kaum einer zuvor im Licht der Öffentlichkeit, auch international. Das Verfahren sollte auch ein Signal in die Welt sein - ein Signal, wie entschieden Deutschland gegen die Gefahr von Rechts vorgeht. Doch bevor der Prozess überhaupt begonnen hat, ist er schon zur Posse geworden. Wie soll Vertrauen in ein Gericht aufgebaut werden, dass nicht einmal in der Lage ist, eine vernünftige Berichterstattung sicherzustellen. Nach der vom Bundesverfassungsgericht halbwegs korrigierten Blamage mit dem Früher-Vogel-Verfahren hat nun das Losverfahren die zu erwartende nächste Peinlichkeit hervorgebracht. Es hätte viele Möglichkeiten gegeben, Souveränität, Kompetenz und Fingerspitzengefühl zu beweisen - das Oberlandesgericht München hat jede davon an sich vorüberziehen lassen. Ein Saal mit ausreichend Platz, eine Übertragung in einen anderen Gerichtssaal, die Auswahl der Medien auf Basis nachvollziehbarer Kriterien - all das wurde mit zum Teil mehr als eigentümlichen Argumenten abgelehnt. Dieser Prozess braucht Ernsthaftigkeit, braucht Glaubwürdigkeit, braucht Aufrichtigkeit; nicht zuletzt muss er auch den Angehörigen der Opfer deutlich machen, dass sie sich auf die Justiz verlassen können - gerade vor dem Hintergrund der unfassbaren Ermittlungspannen während der NSU-Mordserie. Das blamable Schauspiel um die Vergabe der Berichterstattungsplätze ist genau das, was im Vorfeld dieses Prozesses nicht hätte passieren dürfen. Auch das Gericht selbst hat sich seine eigentliche Aufgabe damit nur noch schwerer gemacht. Freude kann daran niemand haben - außer Radio Lotte vielleicht.

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