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ROG: Finnischer Rundfunksender unter Druck - Eingriff in Berichterstattung muss aufgeklärt werden

Berlin (ots)

Reporter ohne Grenzen ist besorgt über die politische Einflussnahme beim finnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk YLE. Der finnische Ministerpräsident Juha Sipilä hatte im November rund 20 E-Mails an die Redaktion geschickt und sich über einen Artikel beschwert, der ihm Interessenkonflikte vorwirft. Die Chefredaktion soll die Veröffentlichung weiterer Artikel gestoppt haben. Vergangene Woche haben zwei erfahrenen Journalisten bei YLE gekündigt.

"Journalisten müssen frei von politischem Druck berichten können. Die Vorgänge sind ein Angriff auf die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und inakzeptabel für ein Land, das als Vorreiter der Pressefreiheit gilt", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Eine unabhängige Untersuchung könnte die Hintergründe der Kündigungen aufklären und dazu beitragen, das Ansehen als glaubwürdiger Rundfunk wiederherzustellen."

Ministerpräsident Sipilä hatte im November innerhalb kurzer Zeit eine Reihe von E-Mails an die YLE-Journalistin Salla Vuorikoski und den Chefredakteur Atte Jääskeläinen geschickt (http://t1p.de/w5rf). Darin soll er sich über einen Beitrag über mögliche Interessenkonflikte beschwert und die Journalisten unter Druck gesetzt haben.

In dem Beitrag hatte der Sender von einem Stahlunternehmen berichtet, an dem Mitglieder Sipiläs Familie beteiligt sind. Das Unternehmen soll einen Auftrag über 500.000 Euro von einer staatlichen Minengesellschaft erhalten haben. Diese finanziell angeschlagene Minengesellschaft wiederum hatte unlängst eine Finanzspritze von Sipiläs Regierung bekommen (http://t1p.de/d0ja). Sipilä bestreitet die Interessenkonflikte und wehrt sich gegen Vorwürfe, in die Berichterstattung von YLE eingegriffen zu haben (http://t1p.de/82i7).

Die YLE-Chefredaktion soll nach den Beschwerdemails von Sipilä die Redaktion angewiesen haben, nicht weiter über die möglichen Interessenkonflikte zu berichten (http://t1p.de/rf0u). Fast fertige Beiträge wurden nicht veröffentlicht. Einem Talkshow-Moderator, der sich der Anweisung wiedersetzen wollte, wurde mit der Kündigung gedroht (http://t1p.de/w5rf).

Vergangene Woche kündigte die YLE-Journalistin Vuorikoski. Sie begründete ihr Handeln mit der "Kultur der Zurückhaltung", die momentan innerhalb des Senders herrsche (http://t1p.de/fm0v). Diese begrenze den Spielraum von investigativem Journalismus. Zur gleichen Zeit kündigte auch Jussi Eronen, leitender Reporter bei YLE mit über 20 Jahren Erfahrung als Journalist. Als Grund nannte er Meinungsverschiedenheiten mit der YLE-Geschäftsführung. Seine Vorgesetzten hätten ihn unter Druck gesetzt, gegen journalistische Standards zu verstoßen. Es sei nicht die Aufgabe unabhängiger Medien, Politiker vor negativen Schlagzeilen zu schützen. Letzteres habe YLE getan.

FINANZBEHÖRDEN VERLANGEN PANAMA PAPERS

Es war nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass YLE von staatlicher Seite unter Druck gesetzt wurde. Im Frühjahr hatten die finnischen Finanzbehörden den Sender aufgefordert, die Panama Papers - vertrauliche Dokumente über Briefkastenfirmen in Steueroasen - und alles damit zusammenhängende Material an die Behörden zu übergeben (http://t1p.de/7ymp). Im Falle einer Missachtung wurde mit Hausdurchsuchungen gedroht (http://t1p.de/pbwf). YLE hat gegen die Aufforderung Einspruch erhoben. Der Fall liegt beim Verwaltungsgericht Helsinki.

Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit steht Finnland seit 2009 auf Platz 1 von 180 Staaten. Die Verfassung schreibt nicht nur Meinungsfreiheit, sondern auch Informationsfreiheit, also das Recht auf Zugang zu Behördeninformationen, als Grundrecht fest. Als erstes Land der Welt hatte Finnland 2010 Breitband-Internet als Grundrecht erklärt (http://t1p.de/agka). Weitere Informationen über die Lage der Journalisten im Land finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/finnland.

Pressekontakt:

Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29

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